Freitag, 11. Juni 2010

Lessons learned

Und noch ein letztes Mal Hallo aus dem Land der aufgehenden Sonne. Als Fazit meiner 4 Monate hier habe ich drüber nachgedacht, was ich so alles gelernt habe in meiner Zeit hier und möchte euch meine neuesten Erkenntnisse nicht vorenthalten:
  • Essen
Tofu mit Sojasauce ergibt ein ganz ausgezeichnetes Frühstück.
Rinderzunge schmeckt besser als gedacht, brauch ich trotzdem nicht taeglich.
Wal gibts hier, ja. Hab ich nicht probiert
  • Mitbringsel
Sage mir was ich dir mitbringen soll und ich sage dir wer du bist.
Welcher normale Mensch will schon einen blauen Gießkannenelefant? Da ist doch in irgendeiner frühkindlichen Entwicklungsphase was ganz dramatisch schief gelaufen... ;)

  • Streberkultur
Gibt es hier nicht. Wer gut ist, wird von allen bewundert und respektiert. Es gibt tatsächlich Studenten, die gut sind und gleichzeitig cool. Beeindruckend.

  • Nachwuchssuche

Jedes Fach kann begeistern. Sogar Chirurgie.
Einige der wichtigsten Schlüssel zum Studenten: ehrliches Interesse am Gegenüber, der Wille etwas beizubringen und die Fähigkeit, Verantwortung abgeben zu können ohne alleine zu lassen.
Mir ist dabei völlig klar, dass mein Exotenbonus das Bild etwas verzerrt, da die Leute sicher nochmal bemühter waren mir gegenüber, aber im Kern haben die Japaner verstanden, dass man so den Nachwuchs rekrutiert.

  • Hierarchie

Das Macht- und Hörigkeitsgefälle in deutschen Krankenhäusern ist eine sanfte Schräge im Vergleich zu dem, was in Japan vorherrscht. Die Reihenfolge des Zimmerbetretens bei Visite ist ebenso vorgegeben wie die Sitzordnung bei Besprechungen im Arztzimmer. Gut, das kannte ich ja noch von daheim.

Hier geht aber zudem abends keiner vor dem Chef nach Hause, von Professoren und generell allen "höher" stehenden Ärzten wird als "oben" gesprochen. Folgerichtig gibt es auch "neben" (selber Ausbildungsstand) und "unten".

Natürlich benutzt man auch andere Höflichkeitsformulierungen und Wortendungen je nach Rang - was für mich einige Anstrengung bedeutete, aber so langsam habe ich das System durchschaut:

Von mir aus gesehen muss ich alle Ärzte, Profs etc. sehr höflich anreden, Kommilitonen im selben Studienjahr freundschaftlich und alles was in Studienjahr 1-5 ist kann ich auch mal verbal anfahren.

Unter den Studenten werden auch die Zuständigkeiten z.B. bei Abendaktivitäten genau aufgeteilt: 1./2. Studienjahr schenken ein, räumen auf, bringen den Müll weg. 3./4. Studienjahr stellen ihre Autos zur Verfügung falls nötig und organisieren das Treffen. 5. Studienjahr lehnt sich schon relativ zurück, 6. Studienjahr macht nichts mehr und zahlt aber dafür. Da das jedes Jahr so ist, ist es ja auch irgendwie wieder gerecht.

Problematisch wird es, wenn jemand Medizin im Zweitstudium macht, so dass er/sie an Jahren älter aber an Semestern jünger ist. Solche Leute vermeidet man am besten als Freunde, das wird nur kompliziert ;)

  • Doktorarbeit
Der Geist war verdammt willig, aber "realistisch" ist was anderes während eines Auslandssemesters. Ich war stets bemüht.
  • Japanisch
Habe ich jede Menge gelernt. Zum Beispiel Daidoumyaku-ryuu (Aortenaneurysma), Kotsuban-kossetsu (Hüftfraktur), Shokudougan (Ösophagus-CA).
Ach ja, und ich verbeuge mich am Telefon...

An dieser Stelle ein Auszug der Wörter, die ich in den letzten 4 Monaten in meinem elektronischen Wörterbuch nachgeschlagen habe:

Erklärung, Duodenum, beliebt sein, Rührung, Einverständnis, fleißig, Knoblauch, abkühlen, Bewerbung, Pantoffelheld, Hormon, Niere, Endoskop, Landhaus, Hindernis, Studentenwohnheim, Hoffnung, Wurzel, Diaphragma, Teekanne, Schleimhaut, Transplantation, Nebel, Holzkohle, platsch, EKG, Lakritz, Tabu, Nachtdienst, Selbstmord, Bewusstsein, Pfingstrose, Volksmeinung, Praktikum, Knochenbruch, Heiratsantrag, Auswanderung, Immunität, Landstraße, Durchfall und so weiter... ;)

  • Deutsche Medizin
Unser Studiensystem braucht sich prinzipiell nicht zu verstecken. Klar, Lebendschwein-OPs für Studenten haben wir nicht. Dafür kann ein deutscher Staatsexamenskandidat einen Patienten ordentlich untersuchen - auch was wert.

  • Ost-West-Partnerschaften
Schwierige Sache, mit jeder Menge einladender Fettnäpfchen. "Unmöglich" ist so ein endgültiges Wort, aber es kommt mir grade unausweichlich in den Sinn...

  • Home sweet Home
In Deutschland ist es immer noch am Schönsten. Auch (oder erst recht) nach noch so vielen Reisen.

Vielen Dank an dieser Stelle für eure Unterstützung bei diesem Abenteuer, für's Mitlesen und Mitfühlen.
Arigatou gozaimashita *verbeug*.

Bis bald mal wieder in Deutschland.

Beate

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